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Tag 2 der Design Business Days 2024

Wie Design und Unternehmenssprache echten Mehrwert schaffen

Meine Erwartungen an die Design Business Days hatten sich schon an Tag 1 mehr als erfüllt – an Tag 2 ging es großartig weiter. Fast alles, was über den Wert von Design gesagt wurde, ließ sich entweder direkt auf den Bereich Copywriting & Corporate Language übertragen – oder war für mich als Sprachexperte extrem anschlussfähig.

Social Impact von Design

Die Keynote von Birgit Mager (Service Design Network gGmbH) zeigte auf beeindruckende Weise, welche Rolle Design dabei spielen kann, einen ökonomischen Wandel einzuleiten, um Lösungen für die drängenden sozialen und ökologischen Probleme unserer Zeit zu finden.

Mager stellte unter anderem ein ganzheitliches Projekt zur Versorgung und Selbstermächtigung von Obdachlosen vor. Ein weiteres Beispiel war das – ebenfalls von Studierenden entwickelte – mobile Repair Café in der Stadt Köln, das zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft beiträgt. Darüber hinaus illustrierte Mager, wie Service Design auch bei der Gestaltung von öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken und Gemeinschaftszentren erheblichen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen kann.

Arbeit an den Schnittstellen

Business Design-Experte Jan-Erik Baars (Hochschule Luzern) nahm in seiner Breakout-Session die Kompetenzen der Designschaffenden unter die Lupe. Nach seiner Einführung gingen wir gemeinsam der Frage nach, ob wir Kreativen überhaupt alle nötigen Kompetenzen mitbringen, um echte Designexzellenz in Unternehmen zu erzeugen.

Es stellte sich heraus, dass wir noch viel stärker für die Akzeptanz von Design innerhalb der Unternehmen werben müssen. Zudem wurde vielfach betont, wie wichtig die Arbeit an den Schnittstellen ist – ob zwischen den einzelnen Disziplinen innerhalb der Kreation, in Richtung Strategie und Marketing oder zu den Führungsetagen der Unternehmen.

Neue Identität für einen Hidden Champion

Besonders spannend fand ich den Use Case von medac und Ligalux. Dabei ging es um die internationale Positionierung eines jener vielbeschworenen Hidden Champions: eines mittelständischen Pharmaunternehmens – umsatzstark und mit lebensrettenden Produkten im Portfolio – aber de facto ohne eigene Brand Identity.

Dass der Branding-Prozess in so einem Fall viel Einfühlungsvermögen, Geduld – und letztlich auch Zeit – benötigt, ist mehr als verständlich. Jeanette Holzer (medac) und Jan Kruse (Ligalux) zeigten umso eindrucksvoller, wie sie Vertrauen zueinander und innerhalb des Unternehmens aufgebaut haben – bis am Ende alle die neue Markenidentität umarmten.

Wie positioniert man einen Sustainability Native?

Ebenfalls hochinteressant: Der Talk von Weleda-CMO Lars Zirpins über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Unternehmens, das Design seit jeher ganzheitlich versteht und praktiziert. Der Marke Weleda mangelt es weder an Purpose, noch an Nachhaltigkeit – und gerade deshalb war deren Transformation offenbar kein Kinderspiel. 

Denn: Wenn plötzlich alle (angeblich) nachhaltig sind – wie differenzieren sich dann die echten Vorreiter? Eine Antwort von Lars Zirpins: Funktionale Benefits nach vorn! (Kann man nur natürlich machen, wenn man ein sehr gutes Produkt hat.) 

Eine weitere Schlussfolgerung, die mich besonders hat aufhorchen lassen: Das Wort „Nachhaltigkeit“ wird in der Kommunikation von Weleda überhaupt nicht mehr verwendet. Zu abgegriffen. (Sollte uns vielleicht allen zu denken geben …)

Wie kommuniziert die Generation Z?

Den größten Applaus für eine Keynote auf den diesjährigen Design Business Days erhielten wohl Max Paul Ziegenhagen & Doris Pfleger. Zu Recht, wie ich finde. Es kostete sicher eine Menge Überwindung, mit Anfang/Mitte 20 auf so einer großen Bühne vor lauter Design-Profis zu sprechen. Besonders, wenn man erst zwei Tage vorher die Anfrage erhält, weil zwei andere Rednerinnen ausgefallen sind. Allein dafür gebührte den beiden größter Respekt.

Aber auch inhaltlich haben sie abgeliefert. Der Wunsch und Bedarf der Design-Community, die GenZ besser zu verstehen, war geradezu körperlich spürbar. Und Max & Doris gaben uns Frühergeborenen jede Menge relevante, unterhaltsame und praxisnahe Einblicke.

Key Takeaways zur Generation Z

1. Kurze Aufmerksamkeitsspanne (aufgrund der medialen Sozialisation) – deshalb sollte Design für die GenZ wenige, plakative Elemente in einer klaren Hierarchie enthalten.

2. Hohe Werbesensibilität (durch Overexposition) – deshalb sollte Werbung für die GenZ nicht (auf den ersten Blick) wie Werbung aussehen.

3. Geprägt durch Krisen (Covid / Klima / Ukraine / Nahost) – deshalb sollten Marken als Ermöglicher von positiven Erlebnissen und Events auftreten.

Zudem wird klassische Werbung von der GenZ nicht mehr als zentraler Teil der Popkultur wahrgenommen. Stattdessen sollten Marken eher unauffällig mit der Popkultur verschmelzen. Ein Weg dahin, so die beiden, ist das Aufgreifen bestimmter Ästhetiken, um sich gezielt, aber unterschwellig in bestimmten Communitys zu etablieren. Wichtig war ihnen dabei die klare Unterscheidung zwischen kurzlebigen Trends und langlebigen, durch Werte und Codes definierten Communitys.

Mich interessierte dann in der abschließenden Fragerunde noch, inwiefern sich die sprachliche Kommunikation in Bezug auf die GenZ verändert hat. Die Antwort von Max, kurz zusammengefasst: Weniger „Typo auf Grafik“, mehr „lebendige Sprache in Bewegtbildformaten“.

Auf dem Abschlusspanel wurde noch einmal kontrovers diskutiert, wie der Stellenwert von Designer:innen und Design in den Unternehmen erhöht werden kann. Silke Bochat (Weleda) wies darauf hin, dass es dazu neben dem eigentlichen Handwerk verstärkt auf ‚business acumen‘ (geschäftlichen Scharfsinn), kommunikative Fähigkeiten und die Vernetzung mit Fürsprechern ankommt. Jan-Erik Baars mahnte eine bessere Zusammenarbeit unter Designer:innen und innerhalb der Kreation hin. Dara Sepheri (3STN.) wünschte sich – gerade in der aktuellen Situation – auch von Unternehmer:innen und Designschaffenden eine klare politische Haltung.

Bei aller Ausführlichkeit dieses Beitrags: Was ich hier schildere, sind natürlich nur Ausschnitte und subjektive Eindrücke. Und logisch: Auch an Tag 2 habe ich wieder viele tolle Kolleg:innen getroffen. Insofern, mein Fazit:

Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder!